Selbstverständnis
Der Begriff „Alevi" leitet sich vom Namen des Heiligen Ali, dem Vetter und Schwiegersohn des Propheten Mohammed ab und bedeutet demnach "Anhänger Alis" und derer die Ali´s Lehre befolgen. Das Alevitentum ist eine mystische Islamauffassung. Dem alevitischen Glauben nach wurde diese Lehre vom Propheten Mohammed und Imam Ali im "Rat der Vierzig" verlautbart. Dieser Glaube wurde durch die anderen Imame und nachfolgenden Gelehrten weiterentwickelt und strukturiert. Der 6. Imam Cafer-i Sadik, einem Nachkommen des Imam Ali, gilt als der größte Gelehrte des Islam im 8. Jhd. Er wird von den Aleviten als als ihr Konfessionsführer anerkannt.
Am Gottesdienst nehmen Frauen und Männer ohne räumliche Trennung gleichberechtigt teil. Der Gottesdienst umfasst Gebet und eine (innere/batini) Auslegung bzw. sinnliche Auslegung des Korans durch Geistliche, sowie der religiöse Reigentanz der Gläubigen (Semah) unter musikalischer Begleitung durch das Saiteninstrument Saz/Bağlama. Durch Gedichte und Hymnen der heiligen Gelehrten, findet das Alevitentum seinen Ausdruck. Der alevitischen Lehre nach kommt der Mensch mit einer unreifen Seele (ham ervah) auf die Welt, er soll sich zu einem reifen, vollkommenen Menschen (insan-ı kâmil) weiterentwickeln, denn nur so kann er zu seinem Urwesen wieder zurückkehren.
Zu seiner Reifung, Vervollkommnung muss sich der Einzelne vor einem Wegweiser (mürşid), Geistlichen (dede) und Betreuer (rehber) zu seinem Glauben bekennen bzw. ein Gelöbnis (ikrar) ablegen und den Glaubenspfad passieren (Initationsritual). Ort der Glaubenspraxis der Aleviten ist das Cemevi (Haus der Einheit und der Einigung).
Zu den schriftlichen Quellen der alevitischen Lehre
Koran
Die alevitische Lehre besagt, dass Gott dem Heiligen Mohammed den Koran offenbarte. Der Koran, als heilige Schrift, besitzt nach alevitischem Verständnis neben einer äußeren (zahiri) auch eine verborgene, innere (batıni) Bedeutung, welche dem Heiligen Ali (1. Imam) und später den weiteren Imamen (insgesamt 12 Imame) anvertraut worden sind. Nach alevitischem Glauben wird daher das Wissen des ursprünglichen Korans nur bei dem Heiligen Ali, als dem Freund Gottes und dem engsten Begleiter vom Propheten Mohammed, aufbewahrt. Nach dieser Vorstellung besaßen Mohammed und Ali das gesamte Wissen, das die Menschheit über die Wahrheit (Hak) und über den Weg zur Wahrheit erhielt. Der Koran ist für Aleviten kein Gesetzbuch, sondern ein Glaubensbuch. Alle vier heiligen Bücher, das heißt die Thora, die Psalmen, das Neue Testament und der Koran sind gleichermaßen anerkannt.
Der Koran als solches, ist als ein Buch nicht ausreichend um alle Fragen zu beantworten. Es bedarf eines Lehrers, der die richtige Interpretation für eine gerechte Auslegung weitergibt. Die Aleviten glauben, dass die engste Familie des Propheten Mohammed, die Ehl-i Beyt mit göttlicher Weisheit gesegnet und einzig befugt ist, den Koran gerecht zu interpretieren und zu offenbaren: Man stelle sich als Beispiel eine Universitätsbibliothek vor: Wenn es zum Wissenserwerb genügen würde, dass die Studierenden die Bücher lesen, gäbe es keinen Bedarf nach Lehrenden an Lehrstühlen.
Ein Lehrbuch ohne Lehrenden genügt nicht zum vollständigen Wissenserwerb, denn wie soll die Intention des Autors in Gänze nachvollzogen werden? (Deutsche Übersetzung Hartmut Bobzin: Der Koran, ISBN 978-3-406-67974-2, Verlag: C.H. Beck 2015)
Das Gebot (Buyruk)
Das Buch über den Glaubensvollzug der Aleviten. (Deutsche Übersetzung Prof. Dr. Fuat Bozkurt: Das Gebot- mystischer Weg mit einem Freund, ISBN 978-3-923-00216-0, Verlag Rissen 1988)
Dichter der Glaubenslehre
- Seyyid Imadeddin Nesimi (14. Jhd.)
- Yemini (15. Jhd.)
- Fuzuli (16. Jhd.)
- Virani (16. Jhd.)
- Şah Hatayi (16. Jhd.)
- Pir Sultan Abdal (16. Jhd.)
- Kul Himmet (16. Jhd.)
Velayetname
Die Erzählungen über das Leben und die Handlungen des Hünkar Hacı Bektaş Veli. Makalat: Das Gedankengut des Hünkar Hacı Bektaş Veli zum alevitischen Wertesystem.
Werke weiterer Persönlichkeiten
- Hallac-ı Mansur (10. Jhd.)
- Yunus Emre (13. Jhd.)
- Ahi Evren (13. Jhd.)
- Balım Sultan (16. Jhd.)